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JOHANNESBURG

Donnerstag, 02.02.2012

"Welcome to Africa"

„Welcome to Africa!“. Die farbige Dame vom Zoll am Flughafen Johannesburg lächelt mich freundlich an, während sie mit den Fingern meinen Pass durchblättert und auf Seite 15 den blauen Stempel reinhaut „You come arrround, lady!“, raunt sie grinsend mit hart rollendem R. Ja, ich kann es selbst kaum fassen, wir sind nach elf Flugstunden auf dem schwarzen Kontinent gelandet.

Irgendwie fühlt es sich unwirklich an, ganz tief drin in mir. Eben noch auf südamerikanischem Boden herumgelaufen, vier Filme, eine Wildlife-Reportage, zwei Hochglanz-Magazine und ein Album „Sade, Best-Of“ später betrete ich afrikanische Erde. Irreal und fantastisch zugleich!

Niemals werde ich die bezaubernd-betörenden 19 Monate der fulminanten Amerikas vergessen – vielschichtige Menschen, ungezähmte Tiere, fesselnd-imposante Landschaften, pulsierendes City-Life, bunt-kuriose Erlebnisse, mit einem Wort: unbezahlbare Erinnerungen auf den Kontinenten haben mich unendlich und für alle Zeiten bereichert (verdammt: ich schaff´s auch nie mit nur einem Wort). Wenn ich daran zurückdenke bekomme ich direkt Gänsehau. Ich bin nachhaltig beeindruckt - erfüllt von tiefer Freude, immenser Dankbarkeit, bewegter Glückseligkeit, ja sagen wir einfach mit pompöser Wonne (Ha! Nur Zwei!) - was mit mir in dieser wundervollen Zeit geschah, was meine Augen sehen durften, mein Herz in sich speichern und meine Seele atmen konnte!

An Board blättere ich die Pflichtlektüre Lonely Planet Southern Africa durch und bin schon mal total in Stimmung: erst aufregendes Stadtleben in Capetown, dann langweiliges Warten in Port Elisabeth aufs Auto, aber dann, ja dann...geht´s rein ins richtige, wahre Afrika: faszinierende Nationalparks mit unfassbar schönen, wilden, atemberaubenden Tieren in freier Wildbahn (ich persönlich denke da an Sonnenuntergang in der Steppe, die Elefanten-/Affen-/ Zebra-/ Giraffenherde zeichnet sich wie ein Scherenschnitt vor dem glutroten Himmel ab, vorne ein illustrer Baum! Mittendrin ein schlafender Löwe/Leopard/Wildkatze, drüber segelnd ein Flamingo/Adler/Kranich. Grins. Ganz großes inneres Smilie! Es ist prickelnd und großartig, mein Herz fiebert den neuen Abenteuern, den unvergesslichen Erlebnissen entgegen!

KAPSTADT

Freitag, 03.02.2012

Touri-Vibes und Butternut-Beats

Flupp, mein Hut flattert davon. Erst schräg in die Höhe, dann biegt er zwei Meter über unseren Köpfen nach links ab und landet vier Sitzreihen weiter hinten auf dem Schoß von Jamie. Der ist lieb und bringt ihn wackelnd zu mir.

Er ist etwas unsicher auf den Beinen, nicht etwa weil er besoffen ist, sondern weil wir uns alle an Board des Touri-Bus Capetown befinden. Unser Fahrer meint, er ist Teilnehmer der Rally Dakar. Und kurz vorm Sieg! Jawohl, wir machen eine typische Tour und sitzen brav im blau gepolsterten Plastiksessel von „Hop-on Hop-off“. Für 140 Rand (hey, das ist einfach diesmal: einfach Rand geteilt durch 10 ist gleich Euro, also in dem Fall 14) lassen wir uns für den ersten Überblick bequem und schneidig-schnittig durch die Stadt chauffieren. Mit den Öffentlichen fahren wir – ebenfalls äußerst Schleudersitz-verdächtig im „Myciti-Bus“ für 10 Rand von unserem mit Bruno gemieteten Haus am Sunset Beach (500 Rand/Tag) in die Innenstadt. Wir wohnen in einer „Guarded Area“, das heißt, alle zehn Minuten fährt ein Security-Car durch die Siedlung, die Ecken und Enden sind durch Videokameras gesichert, jedes einzelne Fenster der Straße ist entweder aus Sicherheitsglas oder vergittert – und drinnen leuchtet sogar nachts der Bewegungsmelder im Schlafzimmer bei jeder Bett-Drehung grün auf. Crazy World!

Wir starten die Tour am „Convention Centre“, ploppen uns die Stöpsel in die Lauscher, kriegen deutsche Infos geflüstert, sehen die kleine St. George´s Cathedral, die weißen Eingangssäulen des berühmten Luxushotels „Mount Nelson“ unterm Palmenhain, bevor wir weiterfahren und über den District Six auf die Ohren bekommen. Shocking! Ein gesamtes Viertel bunt gemischter Einwohner (natürlich ohne die „Farbe Weiß“) wurde hier ab 1960 (!) abgerissen. Heute „steht“ auf dem Areal nichts ausser Gras und Unkraut, die Bewohner allerdings ließ man ohne Hoffnung, Haus und Perspektive zurück und siedelte sie zwangsweise in Townships um. Ein höllendunkles Kapitel der Apartheid. Morgen werden wir uns Zeit nehmen und das Museum besuchen.

Der Bus rast weiter, kurz darauf stehen wir vor den ältesten Mauern der Stadt, dem „Castle of Good Hope", wir steigen kurz aus, laufen durch die Anlage, nehmen den nächsten Bus. Vorbei am berühmten Mount Nelson Hotel umringt vom Palmenhain, 18 Polizeipferden (mit Reitern), gibt´s an der nächsten Kurve einen besonders schönen Blick auf den platten Tafelberg. Unser Fahrer gibt Gas, drei Käppis und zwei Hüte gehen in die Luft, der Wind ist heftig und unberechenbar, zusammen mit den gefühlten 130 km/H unseres Busses fliegt nun auch wieder meiner davon – doch dafür sehen wir nach ein paar beschleunigten Mini-Minuten den farbprächtigen Bezirk der „Bo-Kaap“.

Als Ausgleich für die Sklavenarbeit der frühen Jahre, in der ausschließlich dunkle, triste Kleidung vorgeschrieben war, bemalten die Menschen ihre Häuser in leuchtenden Regenbogenfarben. Mit rasanter Geschwindigkeit und derbem Passat brausen wir - der neue Fahrer "Schumi II" drückt auf die Tube - hinauf auf den Tafelberg. Nein, ganz so viel Schwung hatten wir dann doch nicht (doch die Absicht schon) .Wir halten am Fuße des eindrucksvollen Bergs und wollen per Cable-Car hinaufgondeln. Mit seinen 1086 Metern ist der platte Berg von ganz Kapstadt zu sehen, nur noch eine Wolken-Tischdecke drauf und es wird serviert. Tatsächlich scheint der Table Mountain die meiste Zeit in dicken Nebel gehüllt zu sein, doch wir haben Glück: Aufgrund der Windverhältnisse ist der Himmel klar und wir genießen den vollkommenen Anblick des gesamten Massivs bei angenehmen 27 Grad. Mit 200 Rand pro Person ist die Seilbahnfahrt ein teueres Vergnügen und fast im Zugspitzen-Preis-Segment, aber, naja, man ist ja nur einmal da (wahrscheinlich). Doch leider ist heute kein Betrieb, aufgrund der starken Böen wurde er eingestellt. Schade. So springen wir Hut-umklammernd auf den nächsten Bus, natürlich nicht, ohne vorher den fantastischen Blick auf Capetown und das Meer ordentlich zu genießen. Wir halten uns knöchelweiss-krallend fest, als der nächste Fahrer mit aller Gewalt versucht, uns rauszukippen.

Nach ein paar Schweiß-, da Angst-Minuten brettern wir an den 12 Aposteln, der anschließenden Mini-Hügel-Kette des Tafelbergs vorbei und sind an der bezaubernden Camps-Bay schon wieder Trocken (Natur-Föhn-Volume 10). Aus der Vogelperpektive (Kurvenlage!) ein Peninsula-Traum, weißer Sand, dicke Palmen, grünes Meer. Unten angekommen werfen wir uns aus dem Bus und rollen auf hellem Muschelsand ab. Naja, fast. Bin jedenfalls froh, als ich draussen bin vom Speed-Bus. Am Strand wird mit Hingabe Kricket gespielt und sich gesonnt, die malerische Bucht wird pittoresk eingerahmt vom Lion´s Head (hat den Namen von schwarzmähnigen Löwen, die früher zuhauf auf dem Berg dösten – mittlerweile alle „glorios und ruhmreich“ abgeschossen), dem Tafelberg und den Aposteln (die Gleichnamigen auf der australischen Great Ocean Road sind wesentlich beeindruckender), sowie etlichen Viktorianischen Häusern (nun Restaurants und Boutiquen) auf der Einen und dem türkisen Meer auf der anderen Seite.

Ein paar Mutige tummeln sich im wellenklatschenden Wasser, so will ich mich schon fast entblättern, als ich auf die grandiose Zeh-Test-Idee komme. Doch als mein nackter Hauptzeh, ich glaub man sagt auch Daumenzeh dazu, das Nass erfühlt, da zieht er sich direkt kraus. Zeh an Hirn: bitter-scheiß-kalt! Klares Nein! Weitersagen! Zwischendrin werde ich noch deftig sandgestrahlt, der überall überaus aufdringliche Wind paniert mich und meinen großen Zeh und stiehlt mir erneut meine Kopfbedeckung. Nix zum Baden. Also für mich! Meldung angekommen. Auf-keinen-Fall! Weiß nicht, wie die anderen das machen. Aber mich kriegt da keiner rein!

So genießen wir nur einen Espresso ohne Kopfbedeckung vor der fulminanten Film-Kulisse und hopsen wieder auf unseren netten, rot-röter-Touri-sind-wir-Bus! Auch Movie-Reif – unser Hop-On-Stunt! (Keanu? Bist Du´s? Wo is´n die Sandra?)

Entlang der Küstenlinie geht’s nun zügig-zackig über Clifton und Bantry Bay, sowie über Three Ancor Bay mit Blick auf Robben Island (wo Nelson Mandela jahrelang unschuldig im Gefängnis saß) windig-rauh-sportlich-dynamisch zurück in die Stadt, wo wir an der Haltestelle „Vistoria & Albert Waterfront“ aussteigen.

Auf Holzplanken laufen wir entlang des (aktiven) Hafengeländes - hier planschen ein paar putzige Robben, dort fliegen die lustigen Möwen – sehen überlebensgroße Messinggestalten der vier Friedensnobelpreisträger Afrikas (ich krieg jetzt nur einen Kenn-ich-Punkt für Nelson Mandela, die Anderen muss ich am Namensschild ablesen: Nkosi Albert Luthuli, Archbishop Desmond Tutu und FW de Klerk), alle in Anerkennung für ihren Kampf um die Menschenrechte. Quer durch die Arts-And-Handikrafts-Halle mit allem vorstellbar-möglichen Afrika-Handwerk, Kunst und Schnick-Schnack geht’s zur touristischen, edel gestalteten „Waterfront“. Restaurierte viktorianische Häuser in hellen Blau- und Gelbtönen ergeben zusammen mit den exquisiten Jachten, aufgespannten Mega-Sonnenschirmen auf eleganten Terassen, zahlreichen Luxus-Restaurants und dem Holzplanken-Steg einen noblen Eindruck. Begleitet von afrikanischer Trommelmusik biegen wir nach einem Papaya-Cocktail ab ins nächste Open-Air-Restaurant mit Blick auf den Tafelberg. Für mich auf dem Teller: „Grilled Butternut&Rucola with Roasted Sunflower-Seeds-Salad“. Um uns herum blähen sich schwere Bootssegel auf, die nächsten Hüte fliegen, es landen rosarote Zuckerwatteflocken auf meinem Besteck, es folgen skeptische braune Kulleraugen unter schwarzem Kraushaar. So süß, die Kleine...zum Glück blieb der Rest der Watte auf dem Stengel in der Minihand.

Kulinarisch neu auf meiner Zunge, doch sofort gemocht: die Butternuss...ein Glühbirn-förmiger Kürbis, der schon tief-orangefarben lecker aussieht und süß-sahnig-nussig schmeckt. Hah, schon mal ein neuer Veggie-Favorit! Halt! Dageblieben!

KAPSTADT II

Samstag, 04.02.2012

Charles vom District Six

„I´m the youngest of five siblings. My oldest brother, oh man, he´s really black, I tell you, my sister´s fair like you are and she has green eyes, our middle-brother is coloured and my other sister again has very pale skin.

And me, so look at me...I´m coloured. Well, it´s not, that I like that word. You know...it´s not, that we said we are coloured, or my brother over there is the typical model of a black! I mean, we sometimes joke around with that, but we didn´t come up with expressions like these. It´s the whites... it was the dutch who put us in that categories. I don´t like that, ´cause at first, I´m a human being. Like you are“, Charles nickt dabei mit freundlichen warmen Augen in unsere Runde „like you french lady over there, and like you american guy, and like this german girl right here, you know...“ der quirlige Mittfünfziger mit grauem Haar macht eine kleine rhetorische Pause, unterstreicht mit wachem Blick und offenen Handflächen seine Worte, „and we are equal. We are all equal, ´cause we are all human beings. Second, I´m african and third I´m south african.“

An diesem ungeheuer heißen Tag wollen wir eine kleine Museumsrunde machen und haben uns für das District 6-Museum entschieden. Die ergreifende Ausstellung wird uns mit geöffneten Augen und blutendem Herzen zurücklassen und ein tiefes Verständnis für die herbe Kluft der Schwarz-Weißen Bevölkerung hervorrufen.

Am ersten Schild gleich nach dem Eingang (2 Rand) steht in großen Lettern: „Remember Dimbaza, remember Botshabelo, South End..., Cato Manor. Remember District Six. Remember the racism, which took away our homes and our livelihood and which sought to steal away our humanity. Remember also our will to live, to hold fast to that which marks us as human beings: our generosity, our love of justice and our care for each other. Remember tramway road Simonstown. - In remembering we do not want to recreate District Six, but to work with its memory: of hurts inflicted and received of loss. Achievements and of shames. We wish to remember so that we can all, together and by ourselves rebuild a city which belongs to all of us, in which all of us can live. Not as races, but as people.“

Es ist Ungeheuerliches passiert, hier, im District Six. Dieses Areal, auf dem heute nur Gras und Unkraut wachsen war einst geliebte Heimat von über 60.000 Menschen. Apartheid in seiner rohen, grausamen, ekelhaften Form. Charles erzählt mitreissend hautnah, er selbst hat seine Kindheit in der Siedlung verbracht, musste miterleben, wie Rassentrennung vollzogen wurde. Er erzählt und erzählt und erzählt, bis wir alle unter Gänsehaut erstarren, erstummen und entgeistert auf Plakate und Schautafeln starren. „You know, first we all had to have passes. On that pass there was your identity. They called it like that. It was our blood. So, I was classified“, betont er mit extrem ironischer Stimmlage, so dass wir Zuhörer regelrecht spüren, wie prägend dieses traurige Kapitel seines Lebens war „ as a coloured male. Which was, kind of good. I don´t know why, but I do look kind of white. Well, as I told you, in our family we look all so very different. That´s because my grandgrandfather was a british, married to an italian woman...well, some people are telling me, I look quite italian, too....that´s probably because of grammy.“ In Wahrheit kann Charles eine gewisse Ähnlichkeit mit Giovanni Trapattoni nicht abstreiten.

„And then there was my grandmother, really really black - proud, you know, like really wow-black-woman, she then fell in love with a malay. So then my mum has blood from everywhere, but pretty pale, and she is having all five of us with a black man, again. So one day, I was just asking her: Mum, is that nice man there really my dad. I mean, I look so light-skinned. And she was answering: Well, go and ask him. And then he was saying: son, oooonly your mum knows... - but, what I really wanted to say, is, that our childhood was so different then, just because of our „colours“. My oldest brother, really black, as I told you...well, he is angry. He is such an angry man, fucking bad angry, simply the opposite of happy – but that´s because of his experiences. You know, he would say to you, right now, right here: Fuck you, whiteys!

But, imagine that, we two, we were there in the same childhood, had the same neighbours, same parents, we were raised equally..but he is not happy. Me? Yes! Why? Let me explaine: When it was a sunny day, then he was coming home from the playground crying, ´cause some stupid white guys had mobbed him, punched him, screamed: go away, we don´t like you rubbish here...- same day, I was coming home from the playground and was just having a good time. And all of that just because of our skins...isn´t that simply incredible!?“. Unsere gesamte Gruppe schüttelt simultan die Köpfe, komplett unterbewusst, wir können es nicht fassen, hängen kollektiv gebannt an Charles´ Lippen, müssen Gehörtes verarbeiten. Da fährt der quirlige Italo-Look-Alike fort „But, that doesn´t mean, nothing was happenig to me at all. There were times, I was kicked in the ass, too, I was asked to show my pass. I mean, this was the time, when there were benches just for whites. With a big red sign on it: ONLY WHITES. Then, in the public bus, you know, a two-story-bus...all blacks and coloured had to go upstairs, downstairs only for whites. So there was this young extremely pregnant woman, and she asked: can I please just sit here. I´m not doing well...and she was said: NO! What do you think! - Things like that. I was threatened, too. It really was a hard time. And then overall of it, there came these politicians with their bulldozers – and they would pull down everything. Our homes, our lives, our future. It was a nightmare!“

Charles hat großes Glück und großes Hirn, er bringt es weit, "trotz" seiner Hautfarbe. Immer noch ist er der Meinung, er durfte nur zur Fachhochschule gehen, weil er so hell aussieht. Im Moment ist er Director eines großen südafrikanischen Konzerns und schätzt sich glücklich, Die Touren gibt er gratis, als Volunteer möchte er die Menschen aufrütteln, verarbeitet selbst seine Geschichte und lässt andere fiebernd daran teilhaben. Wir erfahren einige grausame Fakten der Historie:

1966 entscheidet die Regierung, District Six zu „säubern“, alle Farbigen umzusiedeln, eine rein weisse Gemeinde hier wohnen zu lassen. Als Vorwand dient der prächtige angsteinflößende Name einer ekelhaften Seuche, die in Wirklichkeit per Schiff aus Argentinien eingeschleppt wurde. Neue Gesetze sind fix gemacht, in den folgenden 15 Jahren wird der komplette Bezirk dem Erdboden gleichgemacht. Menschen werden gewaltsam aus ihren Häusern gerissen, einige von ihnen legen sich in purer Verzweiflung selbst vor die Bagger. Es ist aussichtlos, ohne Rücksicht auf Verluste werden 60.000 Menschen in Townships „umgesiedelt“. Hass wird täglich spürbar sein, es folgen Aggression und Gewalt, Charles erlebt es mit eigenen Augen. Immer wieder werden er und seine Geschwister Opfer der Gewalt, die nun nicht nur gegen die Weissen gerichtet ist, sondern schlicht und einfach aus Unzufriedenheit, Ungerechtigkeit und Feindschaft, aus Rachedurst und Verzweiflung entstehen.

„There was this law: don´t leave the township after nine. If one man did, and he was caught...there were two options: number one, jail. Number two was a deal: the policeman will have sex with his wife, in front of the children, and then he will not know anything... - yeah...there exist a lot of stories like that!“, mir gefriert das Blut in den Adern über so viel Unmenschlichkeit, da fährt Charles fort: „Well“, und die braunen Augen leuchten sarkastisch auf „Townships are not the perfect place to raise young children. In fact, they are not at all places to live, wheather you are young or old.“

Nun stehen wir am Rande des anschaulichen Museum vor einer riesigen sepiafarbenen Stellwand, auf dem Foto ist das schöne Stadtbild einer belebten Straße zu sehen: Kinder springen darauf herum, einige Autos sind am Rand geparkt, Fahrräder lehnen an der hellen Wand, im Vordergrund spaziert ein elegant gekleideter schwarzer Mann mit Hut, daneben geht der Teenager-Sohn, beide lächeln, zu den Seiten sind einfache Reihenhäuser zu erkennen, ganz hinten ein weisses Haus mit Arkaden. „This“, fährt Charles fort „is, what it used to be“...mit einer kleinen Handbewegung dreht er die Tafel um, und wir bleiben stumm, als wir die Kehrseite auf uns wirken lassen. „And this is, what they made out of it...“ und wir sehen...NICHTS. Ein leeres Gelände mit Unkraut und Grasbüscheln, Schotter und Steinen. Im Hintergrund das weisse Arkadenhaus. „And that white building there...was the only white-owned house in the street. And then“ und erhebt seine Stimme dabei wie ein Priester in der Kirche „and then they are telling us: it has nothing to do with apartheid!“. Stille. Absolute Stille. Ich kann es nicht fassen. Allen geht es so. Wir sind schockiert. „And look at it now...this is 30 years ago! It is still empty! ´Till now! Such a shame!“

Um irgendwie mit dem Erlebten fertigzuwerden, um einen Platz zum Reden, zum Austauschen, zum Leid-teilen ausserhalb der Townhips zu haben, wurde dieses Museum gegründet. Um die Ecke gibt’s ein „Coming-home-Center“, da trifft man sich, entwickelt neue Ideen, tröstet, leidet, lacht miteinander. Wir schauen uns im herzergreifend gemachten Museum um: auf einem Banner, der vom ersten Stock bis auf den Boden fällt, hat Mishena per Hand die Nachrichten ihrer ehemaligen Nachbarn eingestickt, wütende, herzzerreissende, ergreifende Sätze. Auf einem Zettelbaum dahinter haben Kinder ihre Wünsche für die Zukunft gemalt, im Gang vor dem Cafe verewigten sich ehemalige Bewohner der Häuser auf großformatigen Kartons.

Elaine Schider erzählt „I lived at 1a St. Phillips Street. I do not remember exactly when we were told to move, but it was not a happy occasion. Weekend the family would gather together to catch up with latest goings on...and it was a familiy favourite to cook the curry stew...“. Unterlegt mit schwarz-weiß-Fotos aus der alten Zeit hat sie Erinnerungen aufgeschrieben, Sheila erzählt „We had very good neighbours, we loved playing there...“, Jean gibt Rezepte ihrer Großmutter weiter, die gemeinsam in der Küche gekocht wurden. Thomas hat Fotos von seinem Haus auf den alten Plan geklebt, etliche andere haben es ihm nachgetan, viele Frauen haben sich ihre Trauer gestalterisch von der Seele gearbeitet und in mühevoller Kleinarbeit wundervolle Stickereiarbeiten, Gebasteltes und Kunstwerke beigetragen.

Ein absolut sehenswertes Museum, das die Geschichte der Apartheid und ihre Effekte auf das Leben normaler Leute durch den sehr intimen Blickwinkel verdeutlicht. Ich habe dicke Gänsehaut und wir verlassen geschockt den Raum, müssen uns erst einmal fassen, schlürfen tonlos unseren Milchshake im eingegliederten Cafe, kaufen noch einen Magneten mit dem „South African Blessing: Walk tall, walk well, walk safe, walk free. And many harm never come to thee. Walk wise, walk good, walk proud, walk true. And may sun always smile on you. Walk prayer, walk hope, walk faith, walk light. And may peace always guide you right. Walk joy, walk brave, walk love, walk strong. And may life always give you song“ und watscheln erschüttert von dannen.

Der „Segensspruch“ ist eine perfekte Überleitung zum nächsten Museum. Ja, wie ich schon sagte, heute ist Museentag: entlang der Barrack Street, vorbei am Parlament geht’s zur „Iziko Slave Lodge“. Ein krasser Begriff , finde ich, denn dieses Gebäude war einst Sklavengefängnis. Umgebaut und renoviert diente es später als oberster Gerichtshof. Die Ausstellung ist genauso ergreifend wie schon das District Six Museum. Die Geschichte der Sklaverei wird bildlich erzählt, mit Fernsehdokumentationen unterlegt und durch Beamer, viele Mulitmedia-Installationen und Trickbild-Animationen anschaulich dargestellt.

In Kürze (Andrea-kurz): um die Kolonialisierung des Kaps schneller voranzutreiben, frägt der damalige holländische Abgesandte der Vereinigten Ostindischen Kompanie (VOC) im Mutterkonzern in Holland nach, ob er nicht für die schwersten und dreckigsten Arbeiten eine Handvoll Sklaven bekäme, um schneller fertig zu werden, so á la „die Araber handeln ja eh schon mit ihnen...“. Er bekommt sie, woraufhin das „Projekt“ als solch ein „Erfolg“ gewertet wird, dass im Laufe der Zeit immer mehr Sklaven (in Zentralafrika, später auf Madagaskar, Malaysia, Sri Lanka und Indien) gefangengenommen, von ihren Familien getrennt und unter übelsten Schiffsbedingungen abtransportiert werden. Zeitweise sind über 1000 Gefangene in dem Innenhof unter haarsträubenden hygienischen Umständen eingepfercht, viele sterben an Infektionskrankheiten.

Wie man Sklave wurde? Mehrere Möglichkeiten: man wird als solcher geboren, oder später gefangengenommen, oder aus fadenscheinigen Gründen verurteilt (z.B. unerlaubtes Tragen von Messern/Gabeln/was-auch-immer) und zu einer immensen Geldstrafe verurteilt, die man nur durch Sklavenarbeit „bezahlen“ kann. Regeln? Sklaven dürfen keine bunte Kleidung tragen, sie dürfen auf der Straße nicht stehenbleiben, um mit anderen Sklaven zu sprechen, sie dürfen keine Schuhe tragen und überdies nicht nachts oder während der Arbeit pfeifen oder singen! Sie waren Leibeigene der Master ohne eigene Rechte.

Bilder, Sprüche, Namen, Reportagen, Skizzen, Textilien...alles geht mir so unter die Haut. Menschen mit dicken schmiedeeisernen Halsketten, geführt von ihrem Master, gepeitscht mit einer Reitgerte, vergewaltigte Mädchen, nur weil sie die falsche Hautfarbe haben. Erniedrigung. Gewalt. Hass.

Fix und fertig und mental ziemlich erschüttert treten wir wieder ins Sonnenlicht hinaus und laufen bei heftigen 33 Grad durch die Innenstadt vor zur berühmten Longstreet. Antike Läden, bunte Shops, afrikanisches Handwerk, alles in schnuckeligen Gebäuden aus der viktorianischen Ära untergebracht lässt das Herz wieder höher schlagen. Wir bewundern Baustil, Farbprächtigkeit und zierliche Balkone, genehmigen uns ein paar Sushi (ja, sorry...hatt ich einfach mal Bock jetzt drauf, nächstes Mal wieder kulturell-lukullischer Afrika-Bohnen-Butternuss-Eintopf oder so) und steigen am Civic Centre wieder in unseren Bus „nach Hause“. Im Bus wird fröhlich gesungen, getrötet und geklatscht, die Leute sind gut drauf und freuen sich des Lebens. Irgendwie herzergreifend, nach so einem Tag. Nach so einer Historie. Nach solchen Erlebnissen. Mann, da kommt schon wieder diese Gänsehaut. Sssschchscht, jetzt reicht´s aber. Will jetzt mal Stille haben. Kurz mal nix fühlen. Bin alle. Fix und alle. Sssssscht.

Und da erscheint in meinem Hirn das unvergesslich berührende Gedicht von William Ernest Henley, das Nelson Mandela einst berühmt rezitierte (und auf einer Postkarte im Museum District Six zu lesen war):

Out of the night that covers me,
Black as the pit from pole to pole,
I thank whatever gods may be
For my unconquerable soul.

In the fell clutch of circumstance
I have not winced nor cried aloud.
Under the bludgeonings of chance
My head is bloody, but unbowed.

Beyond this place of wrath and tears
Looms but the Horror of the shade,
And yet the menace of the years
Finds and shall find me unafraid.

It matters not how strait the gate,
How charged with punishments the scroll,
I am the master of my fate:
I am the captain of my soul.

PORT ELIZABETH

Sonntag, 12.02.2012

BLACK TRAFFIC UND VALLY-WIEDERSEHENSFREUDE

„You don´t have a car?!“. - Pause. Betretenes Schweigen. - „No rrrrental car?! Rrrreally?“. Das gerollte Afrikans-R kommt dabei voll zur Geltung. Pause. Betretenes Schweigen gemischt mit Entsetzen. „Iiis it? Trrrrue?“. - Pause. Schweigen. Mitleid. - „Well, then...“ - „you know, there is no bus line here in Bluewater Bay.“ - Pause. Schweigen. Ratlosigkeit. - Nach einer kleinen Ewigkeit kommt „well, theeeen...“ und tiefes Bedauern schwingt in der Stimme mit „theeeen...“ - bedeutungsschwangere Pause. - “then...you´ll have to go by black traffic“.


Black traffic? - Schwarzer Verkehr?...erst denke ich noch, „nein, nein, ich würde schon zahlen dafür...nicht schwarzfahren“ - Bing, da erscheint es eine Millisekunde später neongrün vor mir: BLACK TRAFFIC, das sind die weissen Kleinbussen, gesteckt voll mit Menschen. Moment. Das Bild erscheint wieder. Richtig. Mit schwarzen Menschen. „You mean Public Transport?“, frage ich Marcus sicherheitshalber. „Yes, of course“, erwidert der leicht näselnd. „But, well, norrmally it is only for black. Black people. You know.“, Ja, Marcus, schon klar... ich hab´s kapiert..., da fährt er fort „Well, no, I don´t know, rrrreally. It´s just, I don´t know anybody who is using it, despite our maids here...I guess, it is only for the black!“. Georg und ich gucken uns irritiert an.

Wir residieren im „Bluewater Guesthouse“ an der Bluewater Bay in Port Elisabeth. Bei angenehmen 26-29 Grad, stetigem leichten Wind und grandiosem Blick auf das rauschende Meer fühlen wir uns rundum wohl. Der Pool lacht einladend, die Guesthouse-Besitzer sind hilfsbereit, das Zimmer (EUR 55) ist geräumig, der Barbecue-Platz täglich zu begrillen, der Fernseher spricht englisch. Eigentlich alles wunderbar, nur langsam wird es unterträglich, immer am selben Platz zu sein. Ohne Auto. Ohne Fahrrad. Ohne öffentlichen Transport. Das Auto, die Beweglichkeit, die Freiheit, die Abenteuer, das wechselnde Tagesprogramm fehlt uns. Entschieden!

Die „Le Blues´“ sprechen zu Hause übrigens Afrikaans, für die meisten Südafrikaner die Muttersprache. Ein Mix aus dem Niederländisch der Gründerväter, und der Sprache der damals hiesigen viehzüchtenden Nama. Später hatte auch das unvollständig erlernte Niederländisch der Sklaven mit malayischen und kreolportugiesischen Worten Einfluss auf Grammatik und Aussprache des Afrikaans. Doch in den Geschäften, im öffentlichen Leben, in der Schule und im Büro wird Englisch gesprochen. Mit rollendem R!

Gestern war Sonntag, wir drehen wieder unsere Runde zum Supermarkt, erst zwei Kilometer über den Strand, dann einen entlang der Straße, als uns ein älterer Mann zu Fuß auf dem Seitenstreifen entgegenkommt. Dem einzigen Weissen ohne fahrbaren Untersatz (ausser uns) weit und breit, entkommt sofort ein entschuldigendes: „Sometimes it just feels so good, to walk...isn´t it?!“

- Äh, - Ja, schon!

Allerdings muss man auch ein bisschen darauf achten, wohin man läuft. Eigentlich wollten wir den gesamten Strand ablaufen und nicht schon vorher zum Supermarkt einbiegen, als wir von einem Polizisten mit Hund an der Leine aufgehalten werden. „Hi guys...where do you wanna go?“. Nach unserer Antwort erhalten wir ein entschiedenes: „No. Don´t go there! Too much crime, you know.“ Und der Weisse mittleren Alters ist voll in Fahrt: „Well, this here is the savest beach of the country. We are patrolling all day long. But furthermore there´s the black area. Last week there´ve been two armed robberies, so please...don´t go there! And, remember, this is Africa: never go out after eight o´clock in the evening! It´s just not safe“.

Wir haben ein Déja-Vú mit Panama City! Wieder zu „Hause“ widme ich mich dem „Gefahren und Ärgernisse-Kapitel“ des „Lonely Planet“ und muss lesen: „Arbeitslosigkeit, Verbrechen und HIV/Aids (50% aller Menschen auf dem Land sterben daran) sind immer noch die größten Probleme Südafrikas, die Nation trennt sich immer weiter in Klassen auf. Das tägliche Leben der Südafrikaner ist extrem unterschiedlich: viele Leute der Mittelklasse leben in heftig gesicherten Villen und Wohngegenden, die durch Polizei, elektrische Drähte und private Security bewacht werden und verbringen ihre Freizeit in ebenso geschützten Riesen-Einkaufszentren. Auf der anderen Seite koexistieren die vielen Townships an deren Rändern, in denen bis zu 20 Menschen in einer kleinen Hütte zusammengepfercht leben, wo sauberes Trinkwasser Luxusware ist und Gewalt an der Tagesordnung.“

Da ist es kein Wunder, dass gegenseitiges Misstrauen offensichtlich ist, wir schon in den zwei Wochen Zeugen unschöner Erlebnisse werden. Auf der einen Seite „strafen“ uns manche Schwarze mit Ignoranz und wollten uns um Haaresbreite nicht mit „ihren“ Bussen mitfahren lassen, andere wiederum betteln uns auf der Straße um Arbeit „in unserem Haus“ an – auf der anderen Seite mussten wir miterleben, wie daneben sich manche Weisse benehmen: am Seitenstreifen auf der Straße zum Supermarkt sitzen viele Tagelöhner. Manchmal halten Autos, nehmen Arbeiter mit, für Gartenarbeit, Maurerarbeiten, Bootspflege etc. Doch wir mussten leider miterleben, wie Autos stoppen, Schwarze springen hoch, laufen zu viert oder fünft ans Auto (meistens wird nur einer den Job bekommen) – und gerade als der Erste einen Meter vom Fahrerfenster entfernt ist, gibt der arrogante Weisse Gas, grinst sich einen ab und fährt davon (!).

Als wir mit dem Black Traffic fahren, haben wir keinerlei Probleme und kommen für günstige 8,50 Rand (85 Cent) wieder zurück zum Guesthouse – wo uns Email-Nachricht erwartet. Wie soll´s auch anders sein: es gibt wieder mal Probleme mit der Verschiffung. Mittlerweile mit obligatorischem Agent ausgestattet, teilt uns dieser mit: Vessel delayed.

Das Schiff mit Vally drauf wird nun noch einen Tag später den Hafen erreichen, wir müssen noch etwas mehr Hafengebühr bezahlen und noch etwas mehr Geduld beweisen. Ohne Agent darf man hier in Port Elisabeht jedoch noch nicht mal das Hafengelände betreten. Am Freitag dann ist es endlich soweit. Nach nochmaligem Bezahlen (trotz erneuter Abwehrversuche) diverser Gebühren (ein jeder hält die Hand auf, sonst geht gar nichts!), Anlegen der Sicherheitsweste und in Begleitung einer Dame vom Zoll laufen wir hin zu dem Container mit unserem Auto. Ein Hafenarbeiter knackt das Sicherheitsschloss auf, die Türen öffnen sich – und da steht unser VALLY! Alles gut, kein Kratzer, Toyota unversehrt! Ein Riesenstein fällt uns vom Herzen, wir rollen raus, Georg montiert die Reifen, ich fahre mit dem Agenten zum Zollbüro, ein paar Stempel hier, ein paar Unterschriften dort, zurück zum Hafen und wir sind wieder on the road! Yeah!

ADDO ELEPHANT NATIONAL PARK

Samstag, 25.02.2012

Herzrasen und Flirrende Luft

Mein Puls geht hoch. Meine Pupillen sind geweitet. Mein Herz pumpt am Anschlag. Meine Finger zittern und ich habe Probleme, die Kamera gerade zu halten, da nützt selbst der Bildstabilisator im Canon-Objektiv nichts mehr.

Ich blicke tief, direkt und genau ins gold gesprenkelte grünbraune Auge eines majestätischen Löwen. Ins Raubtierauge Nummer eins. Der König liegt vor mir. Ich kurble langsam, ganz langsam das Fenster herunter, nur einen Spalt, genauso viel, dass das Objektiv durchpasst und klicke drauf los. Sensationell, ich kann es kaum fassen, das gewaltige Tier liegt einen Steinwurf von mir entfernt in der Wiese. Keine zwei Meter entfernt. Die orangerote Morgensonne im Gesicht, diffuses Staubflirren im Hintergrund, jedes Haar der dichten Mähne kann ich ausmachen.

Beim quietschenden Geräusch des sich öffnenden Fensters dreht er den Kopf zu mir. Langsam, gemächlich – da trifft mich sein Blick. Auge in Auge. Mein Herz rast! Meine Hände schlackern. Es ist unfassbar, welch animalischen Instinkte in uns schlummern. Ich weiß, ohne Auto – und wäre sein Bauch nicht so dick gerundet, wäre ich dran! Eine laufende Kreissäge. Kein Entkommen. Doch Leo ist nicht hungrig, bei einer durchschnittlichen Mahlzeit verschlingt er im Schnitt 35 kg, und die hat er wohl heute nacht bekommen. Dabei ist man nicht wirklich wählerisch: die üppige Diät besteht aus Beutetieren Medium-sized und Large: Büffel, Wildebeest, Zebra, alles dabei bis hin zur Giraffe, Hippo und jungen Elefanten. Ist die allgemeine laufende Speisekarte allerdings mal spärlich, greift man auch auf's Mäuse-Dessert zurück. Im Durchschnitt 190 Kg schwer liegt man die meiste Zeit des Tages dösend im Schatten: typischerweise sind Löwen nur 2-4 Stunden aktiv, und das meist während der Nacht. Die Löwinnen übernehmen im Leo-Alltag die meisten Pflichten, Emanzipation ist bei den Raubtieren noch nicht angekommen: sie erlegen den Großteil der Beute, geben brav das Essen zu Hause ab, kümmern sich um den Nachwuchs (1-4 pro Jahr) und verteidigen ihn. Zur Sprache gibt’s zu sagen: großes Spektrum an Gröhlen, Röhren, Fauchen, Grummeln und Keuchen.

Es ist jetzt kurz nach 7.00 Uhr morgens, wir sind die Ersten im Addo-Elephant-National-Park (15 Euro Eintritt), 72 Km nördlich von Port Elizabeth. Fünf Biozonen gibt’s hier zu entdecken, 164.000 Hektar malariafreies Wildgebiet mit mehr als 650 Elefanten, 12 Löwen, einem Leopard, Büffelherden, Rhinos, Hyänen, Zebras und unzähligen Antilopenarten.

Wir starten gutgelaunt und sehen schon kurz nach dem Eingang etwas Beiges in den Büschen umherstreifen. Hah! Fernglas ausgepackt und draufgehalten. Eine Löwin streift im hohen Gestrüpp müde umher. Große Partynacht, laut dickem Bauch. Und während wir dem anmutigen Gang der Lioness hinterhergucken, abbremsen, um Fotos von ihr zu schießen, kommen wir genau zwei Meter neben eben beschriebenen, ausgewachsenen Löwen zum Stehen. Erst kann ich ihn gar nicht sehen, da er direkt neben der Straße liegt, doch als ich das Fenster runterkurble, hebt Leo den Kopf.

Ein unheimliches, ein angsteinflößendes, ein adrenalin-durchpumpendes Gefühl durchströmt mich sofort. Fast zu vergleichen mit dem Pulsrasen beim Fallschirmsprung. Doch hier mischt sich zu der lebensbedrohenden Aufregung noch etwas anderes dazu. Es fühlt sich...altbekannt an. Wild. Uralte Gene melden sich. Kaum zu beschreiben, was in mir abgeht. Schwitzige Hände, pumpende Arterien, schwerer Atem.

Langsam nähern sich immer mehr Fahrzeuge. Die Löwin hinten gähnt, mein liegender Leo dreht sich zu ihr um, erhebt sich. Scheint noch anstrengend zu sein. Leichtes Fauchen. Langsam, ganz langsam wird sich gestreckt, die müden Beine gedehnt, das Maul aufgerissen, die lange Zunge rollt aus; Leo gähnt hingebungsvoll, während ich jede Zahnlücke ausmachen kann. Dann schüttelt er die dichte Mähne, funkelt mich mit Gold-Argus-Augen ein letztes Mal an, und trottet gemächlich davon. Der gesamte Körper ein einziger Muskel, sehnig, kraftvoll, Raubtier!

In der goldenen Morgensonne glänzt das helle Fell, leuchtet das Grünbraun der Iris auf, ein Kumpel lugt hinter dem Busch hervor, die Löwin raunt ihm zu – und dann verschwinden alle drei hinter hohem Gras und Gestrüpp. Ausschlafen!

Mein Herz pocht immer noch unerträglich schnell, ich kann die goldenen Augen nicht vergessen, als Georg losfährt und nach kurzen drei Kilometern mächtig in die Eisen steigt. Vollbremsung. Mann, das war knapp! Ein riesiger, grauer, faltiger Elefantenarsch schießt rückwärts aus dem Busch! Gefolgt von dickem Rüssel, wehenden Ohren und perlmutt-farbenen Stoßzähnen. Nun stehen sie direkt vor uns auf der Straße: zwei Teenie-Jumbos im Spiel. Nur doof, wenn sich jetzt einer bei uns auf die Stoßstange setzt!

Ziemlich flott für 4 Tonnen, schieben sich die beiden Giganten vor uns hin und her. Es knirscht, wenn die Beiden aufeinandertreffen, ein Rumps, ein dumpfer Ton, dann werden die Kräfte gemessen. Es knackt. Ein enormes Hinterteil bewegt sich wiegend auf uns zu. - Ok, schnell nochmal rückwärts fahren. Beim Geräusch des Rückwärtsgangs erschrickt er, der Arsch zuckt, Kopf zu uns, Rüssel in die Höhe, zack – hat er sich umgedreht, unheimlich behende und flink, kaum zu glauben!

Jumbo wedelt mit den Ohren. Der Rüssel geht wieder hoch. Das Bein stampft. Staub wirbelt hoch. - Er charged. Er schüchtert uns ein „macht“ auf Angriff. Fühlt sich gestört. Nichts wie weg. Aber langsam. Wir fahren rückwärts. Langsam, aber rückwärts. Nach ein paar Metern beruhigt er sich. Steht still. Hebt nochmal beide Ohren zur Seite. Wir stehen still. Jumbo trötet und trotet mit seinem Kumpel davon. Ohne Rücksicht auf Verluste, die Warzenschweine galoppieren zur Seite, die Babies hinterher, die Büsche werden zertrampelt, die Erde bebt.

Ein bisschen kommen wir uns vor wie im Movie „Jurrassic Park“, als wir mit unserem Auto Safari im Addo fahren. Immer wieder sehen wir große Elefantenherden durch die Wiesen stapfen, Büffelherden ziehen vorbei, wirbeln Staub auf, Kudus mit ihren gedrehten Hörnern lugen neugierig aus dem Gebüsch hervor. Einzelne Red Hartebeest, große hirschartige Geschöpfe mit hellem Hintern und leicht gedrehten dunklen Kurzhörnern kreuzen unseren Weg, Hasen flitzen über die gelbe, staubige Straße, Straußen zeigen ihr schwarz-weisses Gefieder. Unvergessliche Eindrücke, die wir aus dem Elefant-Park mitnehmen.

Am Eingang hängt ein „Game-Board“. Auf diesem verzeichnen die Ranger mit Magneten jeden Morgen die Sichtungen des ersten Drives. So wissen wir zumindest, wo welche Tiere gesehen wurden. Heute soll es noch Zebras am Domkrag Dam-Waterhole geben. So machen wir uns auf den Weg. Und sind sprachlos. Am Wasserloch sehen wir nicht nur die gestreifte Wildversion der gemeinen Haus-Pferde mit gepinselter Iro-Mähne, nein, wir sehen auch eine enorme Elefantenherde, die hier mal einen Badeausflug für heute geplant hat. Es ist nun bereits zehn Uhr und schon fast wieder unerträglich heiß. Die afrikanische Sonne brüllt affenartig herunter, selbst mit Klimaanlage ist es warm im Auto. Doch der Ausblick ist alles wert!

Unbeholfene Baby-Elefanten halten den Rüssel ins Nass, Mamis achten auf sie. Die Kleinen sind noch wackelig, der riesige Kopf scheint zu schwer, beinahe fallen sie vorne über, haben deutliche Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht. Da sind Bullen, Kühe, Teenies und Babies. Ein paar trauen sich ins Wasser, knien hinein, tauchen unter, die Kleinen tapsig und spielerisch, da trötet einer aus vollem Rüssel los. Tröööööööööö. Ein Baby-Jumbo kommt angelaufen, schmeisst die dicken Beine vor sich her, zielstrebig den Rüssel in die Luft, der Schwanz mit den kleinen, zum Pinsel geformten Häärchen nach oben gestreckt, im laufenden Gallopp joggt er zum hellgrauen Kumpel. Planscht ins Wasser, Schlamm spritzt hoch, die Zebras in heller Aufregung, stieben auseinander. Hier kommt der Chef! Keine Chance für die anderen. Selbst die kleinen Elefanten sind sich ihrer Stellung bewusst.

Stundenlang sitzen wir hier im Auto, blicken auf das schlammige Wasserloch, brüllend neongrünes Schilf ragt malerisch aus der Brühe, krachend rote Vögel nisten darin, ein paar Egypt-Enten ziehen ihre Runden, die Elefantenherde nur 20 Meter von uns entfernt, gepunktete Hyänen in der Ferne, wiehernde Zebras warten auf ihre Reihe, Warzenschweinfamilien stochern im Sand, fressen an den Büschen, ockerfarbene Steppe umgibt die Szenerie. Am Horizont blaue Berge, unendliche afrikanische Weite, camouflage-Felder, hohe Bäume, grünes Gebüsch.

Abends sitze ich im Dunkeln am Camp, eine kleine Kerze flackert neben meinem Weinglas und der sternenübersäte Himmel spannt sich über mich. Ich lausche ergriffen in die Nacht, höre Schakalgeheule, Zebrarufe und Elefantengetröte, unidentifizierbares Geckern, Pfeifen und Zirpen, als ich schweres Schnaufen hinter mir vernehme. Ein asthmatischer Hund röchelt an, helles Tapsen auf dem Boden...Moment: Hunde sind hier verboten! Mh. Der Sound kommt immer näher und da streift mich etwas Merkwürdiges was am Bein.

Ich bleibe ruhig, verharre still und greife langsam zur Taschenlampe vor mir. Das Hecheln watschelt an mir vorbei, unter dem Holztisch hindurch, da knipse ich das Licht an und...Spot auf: Stachelschwein! Ein monströses Porcupine guckt sich nach mir um, schwarze Schnauze, dunkle Augen, die fiesen schwarz-weissen Stacheln mit den Widerhaken werden aufgestellt – die Angriffstechnik! Verdammt, ich schalte das Licht schnell wieder aus, weiß nicht, ob das die Megaidee ist, aber sie scheint zu funktionieren. Das tiefe Schnaufen entfernt sich, bald kann ich das Röcheln kaum mehr vernehmen. Auf den Schreck erst mal ein Schlückchen Wein, mit Blick in den eindrucksvollen Sternenhimmel!

ADDO-NATIONALPARK, TAG ZWEI

Sonntag, 26.02.2012

YeEEHA!

Federleichte Schirmchen einer Pusteblume erheben sich in die Luft, klitzekleine Wildblumen prahlen mit ihren bunten Farbtupfern um die Wette, gelbstichiges Grün dominiert die Szenerie, trockene Grashalme wiegen sich im Wind, ein leichter Flirrfilter liegt über der Wiese, vor mir zeichnen sich graue Umrisse einer enormen Elefantenherde ab, der leicht grummelnde Kommunikationslaut „Prrrrrrrrrrr“ ist zu hören, gefolgt von enthusiastischem Törööööö eines hellgrauen Babyelefanten. Eine friedvolle Herde mit vielleicht 30 Tieren, überwacht von einer alten Leitkuh, die etwas abseits steht und gelassen zu uns herüber blickt.


Ich lasse meinen Blick schweifen und mein Herz schlägt höher: erst grüne Wiese, dann endlose Steppe, ein paar Meter entfernt grast eine Kudu-Herde. Die gedrehten Hörner der männlichen Tiere gleichen einem Kunstwerk, daneben die kleinen, stämmigen Burchell´s Zebras mit ihren braun-schwarz-weissen Pinselstreifen. Neben ein paar Büschen hat es sich eine Red Haartebeest-Herde bequem gemacht, leicht zu erkennen an ihrem stoischen Gesicht mit der schwarzen Blesse und dem hellen Hinterteil. Ich atme tief ein und genieße den Augenblick.

Moonlight, meine Schimmel-Stute gibt einen leisen Wieherton von sich, schüttelt die Mähne und guckt entzückt und vielleicht auch etwas neidisch zu ihrer wilden Zebra-Verwandtschaft hinüber, links von mir badet die Elefantenherde, rechts grasen die Kudus, vor mir die weite Steppe. Ein leichter Schnalzton reicht, und wir galoppieren los – in der Steppe, zusammen mit den Zebras. Wäre Moonlight nicht schnell wir der Wind und hätte mir der Dornbusch gerade eben nicht fast das Bein aufgerissen, müsste ich mich kneifen, um sicherzugehen, dass ich nicht träume! Ich wusste es bisher noch nicht, aber DAS gehört auf jeden Fall auf die To-Do-Before-You-Die-Liste, die ich gerade Schritt für Schritt abarbeite.

Das Fell der galoppierenden Herde neben mir verschwimmt zu einer einzigen schwarz-weiss-braunen Mustermasse, ein paar Kudus hüpfen aus dem Stand über zwei Meter hohe Büsche, fern höre ich das Tröten der Elefanten. Moonlight schmeisst ihre edlen Rennpferdbeine, wir sind schneller als die Zebras! Pah! Eine Genugtuung für die süße, kleine Stute, ich kann es direkt fühlen! Nach rasenden zehn Minuten im getreckten Galopp, wirbelndem Staub und fliegenden Steinchen kommen wir relativ abrupt zum Stand. Hinter einer Kurve grast ein Elefant. Versperrter Weg! Ich gucke ratlos nach hinten zum Ranger. Xombala (das X wird als Zungenschnalzer gesprochen, Xhosa-Stammes-Sprache) und sein Pferd Sugar traben heran. „Oh!“. Der einzige Ton des Erstaunens seitens Xombala.

„Oh“, denke nun auch ich. Denn hier ist an kein Vorbeikommen zu denken. Der große Elefantenbulle mit den glänzenden Elfenbeinzähnen schnuppert mit dem Rüssel in unsere Richtung. „They are nearly blind! But they can smell very well! And they hear a lot!“. Der Rüssel steht hoch, der Jungbulle schnuppert in unsere Richtung und bald darauf stellt er die Ohren ab. Eine Drohgebärde, wir sind in seinem Revier. „No chance! It´s a male. They like to charge. We have to turn around“, meint Xombala da flüsternd.

Auch die Pferde werden nervös, wollen umkehren, wir haben Mühe sie zu halten. So kehren wir schweren Herzens wieder um, doch der Blick über die grandiose Landschaft und der folgende Galopp gleicht einiges aus.

„Are there Lions in this section?“, frage ich. Sollte man ja vielleicht mal wissen. - „Oh, yes!“, erwidert Xombala stolz „three of them. This morning they´ve been on the other side of the river. Not so far.“ - Ich hechle ein wenig atemlos, denn seit dem Auge-in-Auge-Blick gestern bekomme ich schon ein leichtes Schütteln beim Wort „Lion“. - „And do you have a gun, then?“, will ich wissen. „And, by the way, is my horse faster than the lion?“ - ich finde die Frage durchaus angebracht. Doch Xombala enttäuscht mich mit einem gehauchten „No. The lions are very fast. But I have this here“, sagt´s und hält ein weisses Röhrchen in die Luft. Fuck! Ein Röhrchen?! Keine Waffe! Ein Röhrchen. Echt jetzt?! Auf was habe ich mich da nur eingelassen.

„I have threee of these! They do a big BANG, a very loud sound, and the lions will run away!“ - „WHAT!!! Just a BANG! You´re not serious!“, muss ich da erwidern, das kann doch nicht sein Ernst sein. Ich mein, unser Leben ist in Gefahr und da kommt er mir mit einem großen Knall – aus dem Blasröhrchen. „They tried that. It worked. But, they did it with a car. So, I don´t now, how the horses will react. Just don´t fall down!“, da mischt sich zu meinem Blutrot im Gesicht nun doch ein leichter Weißton. - „No worries!“, schmunzelt Xombala, „they are not hungry, they are relaxing and sleeping, this is the reason why we are riding now, at two o´clock.“ - Stimmt, das habe ich mich auch schon gefragt, der Schweiss strömt in kleinen Bächen an meinem Körper herab, doch nicht nur ich, sondern auch der Ranger und die Pferde sehen extrem mitgenommen aus. Die afrikanische Sonne brennt erbarmungslos herunter, mein Gesicht muss krebsrot sein, trotz SPF 50.

„The lions only hunt in late afternoon, night and morning. So, we are safe. - Relatively.“ kurze Pause, der Ranger starrt in die Ferne „Do you see that?“, kommt da von ihm mit ausgestrecktem Zeigefinger nach vorn. Ich kneife die Augen zu Schlitzen zusammen und erkenne schwach einen beigefarbenen Tierkörper in der Wiese. „Do you think that´s a lion?“, sagt Xsombala. Ha, ha! „No! Of course not. You are shittin´ me!“ bricht es da aus mir heraus. Was-auch-immer-es-ist scheint sowieso tot zu sein. Ruhig, viel zu ruhig entgegnet der schwarze Ranger „Come on, let´s see!“ und gibt Sugar die Sporen. Ich kann nicht anders, als ihm hinterher zu galoppieren. Ich mein, er hat die Röhrchen, verdammt!

Als wir uns nähern erkennen wir ein totes Buschbok-Weibchen. Während ich die Umgebungslage checke (Löwen und Elefanten!) steigt Xombala ab und begutachtet die Karkasse. „No lions. If it was they prey of a lion, they would have eaten nearly all of it“. Löwen lassen selten mehr als 20% ihrer Beute übrig, ausserdem wurde diesem Tier nicht in die Gurgel gebissen, so schliesst der Ranger auf natürlichen Tod mit anschließendem Hyänen-Verzehr. Gut, haben wir das also auch.

Während der nächsten Stunde lerne ich noch einiges über den Park (feiert 80-jähriges Jubiläum dieses Jahr), über die hiesigen Elefanten („Afrika-Elefanten sind leicht zu erkennen an der Form ihres Ohres, die die Umrisse des Landes formen. Aus ehemals elf Tieren wurden 650 Elefanten, die leider aufgrund dieser minimierten Genmasse einen Defekt haben: die weiblichen Tiere haben hier keine Stoßzähne. Elefanten werden bis zu 60 Jahre alt, leben in einer von der Leitkuh geführten Herde, die männlichen Tiere werden mit Erreichen der Geschlechtsreife ausgestoßen und leben als Einzelgänger weiter. Gefressen wird 16 Stunden täglich und 140 kg von so ziemlich allem Vegetarischen, mit einer Beigabe von bis zu 240 Litern Wasser. Jumbos Gedächtnis ist eins der besten in der Tierwelt: für immer werden Erlebnisse gespeichert, und eine Herde wird den Tod eines Mitglieds bis an ihr Lebensende nicht vergessen, machmal werden gar Überreste jahrelang bewacht und umhergetragen), über Zebras (Fell ist der Fingerabdruck eines jeden Tieres. Die vom Aussterben bedrohten Mountain-Zebras sind durch ihren kleineren, kompakteren Körperbau, dem leichten Kropf und dem weißen Bauch ohne Streifen von ihren Artgenossen zu unterscheiden), über Kudus, Buschboks, die scheuen Hyänen, den nachtaktiven Leopard, die agressiven Warzenschweine (wenn dich eines angreift, warte ab, bis es da ist – und dann: spring!), sowie die großen Puffottern („bevor sie angreift, gibt sie einen PAAAHHH-Laut von sich, das ist das Zeichen zum Rückzug für dich“). Und noch so einiges mehr!

Der grandiose Ausritt endet mit einem hinreissenden Galopp über blühende Wiesen, vorbei an stöbernden Warzenschweinen (die enorme Ähnlichkeit mit Tina Turner im Film Madmax aufweisen), und dem rauschenden Fluss (der uns von den Löwen trennt, also hoffentlich).

Wir halten am durch Elektro-Power gesicherten Zaun am Ausgang des Parks, Xombala steigt ab, schliesst auf, schleust mich durch das Tor und schliesst es doppelt hinter mir. Puh, Löwengefahr vorbei...doch da raschelt es im Gebüsch und die Pferde werden nervös. Sugar steigt hoch, der Ranger hält sie am Zügel, Moonlight trippelt und weicht zurück. „Puffadder. That´s a Puffadder. I´m pretty sure.“ Xombala stampft am Boden auf, und da entfernt sich das raschelnde Geräusch. „Normally she wouldn´t bite!“. Es dauert eine kleine Weile, bis sich die Pferde wieder beruhigen, doch nach dem dritten Dornbusch ist die Lage wieder entspannt. Wieder am Stall bekommt ein jedes Pferd seine wohlverdiente Shower, seine Ration an Hafer und Heu – und ich laufe heim zum Campground, um mich in voller Montur unter die eiskalte Dusche zu stellen.

Während es auf meinem Haupt zischt, spult das gewundene Ding darunter nochmal die letzten zwei Stunden im Zeitraffer ab und ein elefantengleich-mächtiges Mega-Grinsen ist nicht mehr aus meinem Gesicht wegzubekommen.

Afrika, das Leben, die Welt: it´s magic! I´m loving it!

ADDO-NATIONALPARK, TAG 3

Montag, 27.02.2012

Waterhole, Teil 204

Wir schreiben Traumtag Nummer 3 im Addo-Nationalpark! Action und Klappe für: Waterhole, Teil 204! Szene: badende, gurgelnd- trötende Elefantenherde mit umherwackelnden Jungtieren. Wasser spritzt, Schlamm strömt, Sonne knallt. Warzenschweine stöbern im Vordergrund, schleichender Schakal im Background, kuschelnde Zebras am senffarbenen Hügel, sich im Wind wiegende Akzaien, saphirblau auslaufender Horizont. Dominierende Farbigkeit: Savannenbeige im Matschmix vor olivem Hintergrund und Wattebausch-Himmel.

Da ertönt eine mir bekannte Stimme aus dem Off: „Stop! Stop!“ - Pause - „Das ist doch....- ANDRRREA!“. Dieses rollende R in meinem Namen erkenne ich sofort, doch noch kann ich es nicht fassen...ruckartig schaue ich nach rechts, hin zum militärgrünen Safari-Landrover, der gerade den Rückwärtsgang einlegt.

Das...ist...Tomas! TOMAS!!

Mein ehemaliger Art-Director! Mein Ex-Chef in der Redaktion „Freundin“! Wie kann das sein? Welch ein Zufall! Helle freude! Hallo!? Auf Safari in Südafrika treffe ich Tomas! Seit 19 Monaten keinen mehr aus der Heimat gesehen! Es ist einfach unglaublich und wir sind beide so aus dem Häuschen, dass wir uns vor den Elefanten, neben den Schakalen, auf der Straße, gegenseitig Fragen rüberwerfen „Was-macht-ihr-denn-hier?“- „Seit-wann-seid-ihr-in-Afrika?“, unterbrochen von staunenden „Das-kann-doch-nicht-sein“-Lauten!

Leider ist es im Park nicht erlaubt, das Fahrzeug zu verlassen, und als sich eine Schlange hinter dem Lodge-Fahrzeug bildet, legt der Fahrer den Gang ein und uns bleibt nichts anderes übrig, als uns wieder zu verabschieden. Wie klein ist die Welt! Mir fehlen die Worte! Was hab ich mich gefreut!

Zwei Minuten später fällt mir ein, wir hätten uns auf ein Stück saftiges Grillfleisch am Addo-Campground treffen können, doch da ist der Landrover schon weg. Wir drehen schnell um und fahren hinterher, da kommt die Abbiegung: keine Ahnung, rechts oder links?

Wir entscheiden uns für Rechts, drücken auf´s Gas und stehen kurz darauf wieder auf der Bremse. Dort, weiter hinten, unter dem Baum – da ist doch was. Da bewegt sich was. Ich sehe Ohren. Georg auch. Wir rollen den Abhang hinunter und „schleichen“ uns an. Rote Erde, grüne Akazien, sich im Wind wiegende Wiesenpuschel, staubflirrendes Licht. Und mittendrin... Löwen! Es sind Löwen! Schon wieder.

Erst nur im Scherenschnitt zu sehen, da die goldene Nachmittagssonne mal wieder ausserordentliche Schatten wirft, doch der Umriss-Abgleich im Hirn passt: Schablone Löwe.

Jetzt noch das obligatorische Löwengähnen. Das zweite Rudel! Was haben wir für ein Glück. Fünf Tiere dösen im kniehohen Savannengras, kaum zu erkennen aus der Ferne. Der ausladende Baum steht pittoresk afrika-gleich daneben, spendet den Jägern Schatten zur Tea-Time.

Sie sind offensichtlich kein bisschen hungrig, denn nicht allzu fern grasen drei Zebras und sieben Kudus. Ich quetsche das Fernglas auf die Pupillen, sehe alles superscharf von unserer Safari-Lucke im Dach. Nach 15 Minuten Schatten-Ruhen drehen die Tiere den Kopf. Ich folge ihrer Richtung und sehe hinten, ganz weit in der Ferne einen Uralt-Elefanten ankommen. Ich nenne ihn Hugo, ein massiver, alter gigantischer Bulle nähert sich schnellen Schrittes, er stöbert die Zebras auseinander, die Antilopen galoppieren zur Seite, Kudus vertrollen sich. Die Löwengruppe erhebt sich, der Schwanz kreist nervös. Hugo trabt auf die fünf Lions zu, schwingt den Rüssel, ein Trötlaut ertönt, das sofort von aggressivem Fauchen in der Gruppe erwidert wird. Erneutes Tröten. Laut, heftig, der Landcruiser wackelt.

Alle fünf Löwen brüllen, springen wie von der Tarantel gestochen auf, machen sich unter großem Rooooaar auf die Pfoten und schleichen verärgert davon. Es folgt ein siegerischer Triumphlaut seitens Hugo´s – und der Schattenplatz gehört ihm.

Der Bulle steht keine fünf Sekunden unter dem Baum, dann macht er sich wieder auf den Weg, trottet zehn Zentimeter vor unserer Stoßstange über die Straße und verschwindet langsam im hohen Gebüsch. Wow, wir atmen auf, die Löwen auch. Man kehrt zum alten Platz zurück, faucht sich ein wenig Frustration vom Leib und frönt – wieder – dem Schlaf.

Kurz danach durchquert eine Büffelherde die Steppe, unter trampelnden Hufen bebt die Erde, Staub verleiht der Szene eine mystische Note – und wir staunen verzückt.

Der Mythos Afrika ist wahr: die Tiere, die Landschaft, die unsagbare Schönheit und Wildnis, die uns umgibt ist schwer in Worte zu fassen.

Doch ich werde es immer und immer wieder versuchen. Grins.

PLETTENBERG BAY

Donnerstag, 1.03.2012

Afrikanisches Braai

„Hey! Here you are. Nice to meet you!“ Am vierten und letzten Tag drehen wir noch eine kleine Runde bei den Elefanten im grandiosen Nationalpark, bevor wir uns auf den Weg nach Plettenberg Bay machen. Luisa und Graeme haben uns auf ein afrikanisches Braai (Barbecue) zu sich nach Hause eingeladen. Unser GPS lotst uns zum Haus, grandios erbaut auf einer Klippe über der Bucht und piept für „rechts abbiegen“.

Wir stehen vor einer Schranke. Im Haus links stehen zwei bewaffnete Security´s, eine schwarze Dame kommt auf uns zu und bedeutet uns zu parken. Die Bell´s wohnen in einer „Gated Community“, einer abgesicherten Siedlung. So füllen wir den „Besucherschein“ aus, unterschreiben, die Security´s rufen bei den Beiden an, ob die auch wirklich Besuch erwarten – erst dann wird die Schranke aufgemacht.

Wir fahren durch die gepflegte Siedlung, bewundern Traumvillen und Tennisplätze, bevor wir am Grundstück ankommen. Toskana-gelbe Finca, beeindruckender Torbogen, Teich und Springbrunnen, vor der Garage der weiße Landrover. Die Beiden sind auf Anhieb unheimlich sympathisch, gastfreundlich und witzig. Sie wollen im Mai mit beiden Kindern die Amerikas befahren, so gibt es genug Gesprächsstoff für uns.

Über eine geschwungene Steintreppe erreichen wir den ersten Stock des Hauses und sind von den Socken: wir setzen uns in eine Kuschelcouch vor ein geöffnetes Panoramafenster, das den Blick auf die harmonisch gebogene Bucht der Plettenberg Bay öffnet. Das Meer liegt vor uns, die Wellen schwappen an den Strand, wir trinken Wein!

Die Kommunikationswelle passt, wir quatschen und trinken und lachen die ganze Nacht. Das Fleisch hat Argentinien-Extraklasse-Güte, ist auf den Punkt gegrillt, die Avocadobutter exzellent und der Wein sowieso. Die Zeit vergeht so unglaublich schnell, das wir fast verpassen all die Infos auszutauschen!

Am nächsten Morgen, beim reichhaltigen Bacon-and-Eggs-Breakfast machen uns Luisa und Graeme ein Angebot, das wir nicht ablehnen können: Housesitting für vier Tage! Nein, im Ernst jetzt, die Familie fährt bis Montag auf ein Landrover-Treffen und so steht das Haus leer. Pool! Strand! Megasicht! Villa! - Gratis! - Hallo?!

Was haben wir für ein Glück! Natürlich sagen wir ja und nun schreibe ich hier, am schön gedeckten Frühstückstisch mit duftendem Blumenstrauss, gestreifter Tischdecke und liebesbedürftiger Boxer-Wachhund-Schnauze im Schoß meinen Text. Ich blicke über den Monitor hinweg, und sehe erst den getünchten Kamin, dann das beige Kuschelsofa, dann die Halbmond-Bay, das tiefblaue Meer, das weisse Gischtstreifen in den hellen Sand zeichnet und dahinter ragen die blauen Berge auf.

Hach, was ein Leben!

GARDEN ROUTE - CAPE OF GOOD HOPE - BOULDER`S BEACH - GROOT CONSTANTIA- BONTEBOK NATIONALPARK

Freitag, 09.03.2012

Guter Hoffnung
trotz Flaschen-Schock

„Does anybody know about the „bottle shock-effect“?“ frägt Jade mit blauen Kulleraugen in die Runde. Es herrscht Stille, wir grübeln. Jade lächelt und schüttelt die dichten Locken, bevor sie uns schlauer macht.

Wir haben einen Rundgang durch das älteste Weingut der südlichen Hemisphäre hinter uns, angereichert mit Anekdoten, Wissen und Trinkproben zur Herstellung des edlen Tropfens ein feuchfröhliches Vergnüngen. Auf dem „Groot Constantia“ wandern wir über üppige Weinberge, kosten lilafarbene Samt-Trauben, staunen über riesige Fermentations-Bottiche und klitzekleine Bariquefässer, frieren im Backstein-Keller und tauchen unsere Nasen tief in glänzende Gläser. Wieder mal. Schon zu Hause unser favorisiertes südafrikanisches Weingut, müssen wir dem „Estate“ vor den Toren Kapstadts selbstverständlich einen Besuch abstatten (Weinkellertour 38 Rand/P).

Ein „Estate“ darf sich übrigens nur so nennen, wenn die gesamte Produktion vor Ort stattfindet: von der Aussaat über Ernte, Entstengelung, Pressung und Fermentation bis hin zur Lagerung. Nachdem das mal geklärt ist, wirft Jade das ominöse Wort „Bottle Shock“ ein. Nein, hat nichts zu tun mit persönlichen Ausgeh-Erfahrungen, sondern mit der unerklärlichen Geschmackslosigkeit von Wein direkt nach dem Abfüllen in die Flasche.
Ein Phänomen!

Auch wenn der Wein - direkt aus dem Eichenfass geschöpft - noch wundervolles Tannin, vollen Körper und florale Akzente besitzt: direkt nach der Füllung in die Fasche schmeckt er wie Wasser. Erst mal. Kein Aroma. Kein Genuss. Kein Vergnügen. Kein Verkauf.
Aus diesem Grund wird der süffige Traubensaft nach Abfüllung mit sanften Händen in dunkle Keller gelegt, und reift - fern jeglicher Störfaktoren (Lärm, Licht, Wärme, Geruch) - in Ruhe zwischen drei Wochen und drei Monaten. Jedenfalls solange, bis er seinen eleganten Geschmack wieder voll entwickelt hat.

Kostbare Sauvignons, Gouverneurs Reserves, Chardonnays, Merlots und Shiraz´, Cape Ruby´s und Pinotages kitzeln bei der Weinprobe unsere Gaumen. Professionell halten wir nach dem Weinwirbeln das Glas vor ein weisses Blatt Papier, bestimmen Farbnuancen und Klarheit, atmen tief den Duft des roten Tropfens, schlürfen unter Beigabe von viel Luft das Ganze geräuschvoll auf der gerollten Zunge, halten inne und genießen. Wir schnüffeln und kosten und lernen: Apricot-Nuancen, Pfeffer-Aromen, würzige Geschmacksrichtungen. Der „Smoky“-Effekt, das Rauchige im Wein wird durch das „Toasten“, sagen wir einfach bis-zur-Asche-Bildung-Abfackeln der Eichenfässer erreicht, light, medium oder strong kann der Effekt der Röstung sein.

Das ist der wundervolle Ausklang eines sensationellen Tages, ja einer tollen Woche: nach dem Villa-Sitting in Plettenberg-Bay fuhren wir über die (irgendwie nicht ganz so spektakuläre) Garden-Route, blieben drei ruhige Nächte am Fluss im Bontebok Nationalpark, erfreuten uns an hüpfenden Bonteböcken, Antilopen und Mountain-Zebras, bevor wir wieder Kapstadt erreichten.

Erst bummelten wir ein paar Tage in der Innenstadt, bevor wir den Weingut-Tag erleben, hier die Tageszusammenfassung:
Morgens - begleitet vom Gratis-Soundtrack schreiender Mountain-Zebras - sind wir verzaubert von der grenzenlosen Aussicht am windgepeitschten „Cape of Good Hope“, mittags schmelzen wir am Boulder´s Beach - umringt von wackelnden Esels-Pinguinen - am türkis-schimmernden indischen Ozean zusammen mit unserem „Organic Strawberry-Eis“ dahin (orgasmic!) und abends schlürfen wir den süffigen Inhalt des Bordeaux-Rot-funkelnden Glases kredenzt an untergehender Sonne und saftigem Rindersteak inmitten grüngoldener Weinberge...Cheers!

CEDERBERG MOUNTAIN NATIONALPARK

Samstag, 10.03.2012

SQUEEZE-TEAM II

Ich presse meine Füße gegen die rauhe Steinwand, mein Rücken klebt am kühlen Felsen. Die Luft steht still.

Zeit, die Sonnenbrille abzunehmen. Verkantet. Verdammt. Ich denke nach. Schlechter Zeitpunkt, meine Beine fangen an zu zittern. Ich klemme schon zu lange. Doch lasse ich los, falle ich gute drei Meter die Schlucht hinunter. Blöd jetzt. Georg steht schon oben und ruft so hilfreiche Dinge wie: „Stemm´ Dich hoch!“ – Ach!

Und jetzt das Echo davon. Wie wunderbar! Gleich dreimal...

Also gut. Beim hohlen, letzten Wiederholungs-“Dich-hoch-Dich-hoch-Dich-hoch“ kann ich es nicht mehr hören. Kräfte sammeln, Beine anspannen, Po verkrampfen, nicht nach unten schauen! „Los jetzt!“, sage ich mir selber und presse mich hoch. Ein Ruck, Adrenalin schießt in die Venen, ich hab´s fast geschafft, meine Finger finden minimalen, aber sicheren Halt und krallen sich in den Stein.

Biddeschön! Ein letzter beherzter Satz und ich bin oben, habe die Passage geschafft, es kann weiter gehen. Ganz wunderbar, das Gefühl jetzt.

Wir quetschen, schieben, pressen und klemmen uns die kühle Bergschlucht hinauf. Klettern mal anders. Der Hike durch die Wolfberg Cracks liegt fast hinter uns, zumindest ist die Klimax schon erreicht.

Auf dem „Beipackzettel“ der Tagespermit, die wir zusammen mit der Routenbeschreibung im Büro von „Cape Nature“ einholten steht unter dem Punkt „Warning“: „Only experienced climbers. To go through the narrow CRACK you have to crawl (+-3 Meters) unterneath the chock stone in front of you to get on the rock ledge to your right. To your left you will find an opening taking you into the second CRACK. This will take you to the top of the mountain. - Be careful: big rocks have fallen down. You will need some help and a bit of elbow grease to get over or under and past them...“

Beschriebene Schlucht liegt nun direkt vor uns, zusammen mit zwei überdimensionalen Felsbällen, die sich darin verklemmt haben. Sieht jetzt irgendwie unsicher aus. Wie soll das denn bitte gehen? Drüber? Drunter? Am Ball entlang? Bin ich Spiderman´s Schwester?

Nach fünf gemeinschaftlichen Grübelminuten steht fest: durchrobben. Untendurch ist der einzige Weg. So die einhellige Meinung.

Den Rücken im kaltsandigen Boden quetsche ich mich mit Blick auf den zwei Zentimeter von meiner Nase entfernten Felsblock durch, hoffentlich gibt’s jetzt kein Erdbeben. Mulmiges Gefühl, gerade so passt mein Kopf hindurch, jetzt die Brust, die abgewinkelten Beine schieben, die Arme sind schon auf der anderen Seite. Entlang des Steinballs schiebe ich mich Millimeter für Millimeter hoch, Sandkörner überall, als die Beine darunter liegen, müssen die Hände herhalten.

Klebrig-körniges Gefühl jetzt, aber wir sind durch. Auf der anderen Seite sehen wir die schmalste aller Spalten. Häh? „Schatzi, kann ich mal den Plan haben?! Bist du sicher, dass...“, doch Georg reißt mir die Karte entrüstet aus der Hand. „Selbstverständlich!“

Also gut, wir müssen beide lachen, naja, losprusten ist das richtige Wort - hoffentlich passen wir da durch. Ein Fred-Feuerstein-Verschnitt hätte jetzt jedenfalls verloren. Sollte man vielleicht auf dem Kletterplan verzeichnen. Nur so ´ne Idee. Uns hat man nur nach unserer „Experience“ gefragt, kein Wort von Körperumfang.

Mit Müh und Not passt der prall gefüllte Rucksack durch, wir folgen. Irgendwie. Muss irre komisch aussehen. Wie zwei Geister, die aus der Wand erscheinen. Erst das Bein, dann der Arm, es folgen Rumpf und Kopf. Geschafft. So geht es in undurchdringlichem Terrain noch ganze zwei Stunden weiter und wir lieben jede Minute davon! Oben angekommen geht’s in weiteren zwei Wanderstunden hinüber zur „Arch“, einem orangen Felsenfenster mit himmlischer Aussicht.

Durch feuerrote Mondlandschaft klettern wir mit Geckos, Spinnen und Schlangen den staubigen Weg hinauf und genießen beim saftigen Schinken-Schnittchen am Gipfel den grandiosen Weitblick über die surreale Wüstenlandschaft.

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